12.04.2024
The All New Don't Think of an Elephant
Kenn deine Werte und frame die Debatte
von George Lakoff
Enthüllt, wie Konservative politische Debatten dominiert haben, indem sie die Sprache, die in Diskussionen verwendet wird, gerahmt haben, und wie Progressive entgegenwirken können, indem sie ihre eigenen Rahmen effektiv verstehen und einsetzen. Die Analyse fokussiert sich dabei stark auf die Rolle der Sprache bei der Gestaltung der öffentlichen Meinung. Das Buch bietet praktische Ratschläge für das Umrahmen politischer Diskurse und ist somit ein Muss für jeden, der an den Dynamiken politischer Kommunikation interessiert ist. Es ist sowohl eine aufschlussreiche Analyse als auch ein praktischer Leitfaden für die Navigation in politischen Gesprächen.
Illustration for the post.

In „The All New Don’t Think of an Elephant: Know Your Values and Frame the Debate“ zeigt George Lakoff, wie die geschickte Verwendung von Schlüsselwörtern, Wiederholungen, mentalen Bildern und ein Fokus auf die grundlegenden Werte der Bürger deren Wahlverhalten nachhaltig beeinflussen.

Der Autor untersucht die Rolle der Sprache in der politischen Debatte. Ein Hauptaugenmerk seines Buchs liegt darauf, wie die Ausdrucksweise von Politikern genutzt wird, um eine bestimmte Agenda zu verfolgen und das Denken der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Dazu zeigt Lakoff auf, wie Sprache unser Denken und Verständnis formt. Gerade in Zeiten von möglichen politischen Umbrüchen und den Erfolgen von rechtsextremen Parteien in Europa und Österreich ist dieses Thema relevanter denn je.

Unterschiedliche Wertvorstellungen

Das Buch ist mit Fokus auf die politische Situation in den USA geschrieben und betont daher die Unterschiede zwischen Konservativen (Republikanern) und – im amerikanischen Wortverständnis – Liberalen (Demokraten). Dabei unterscheidet der Autor zwei fundamental verschiedene Wertehaltungen, die sich metaphorisch als Familienmodelle darstellen lassen:

„Strict Father Families“ (auf Deutsch „strenge Vater-Familien“) sind das konservative Gedankenmodell mit einem starken Fokus auf Moralität und daraus erwachsender Stärke und Sicherheit. Diese Moralität kann nur durch Gehorsam gegenüber dem starken und weisen Vater erlangt werden. Dieser schützt dadurch seine Familie vor den Gefahren einer Welt, die sich klar in Gut und Böse einteilen lässt.

„Nurturing Families“ (auf Deutsch „fürsorgliche Familien“) sind das liberale Gedankenmodell. In diesem kümmern sich beide Eltern stärker um die Kinder und erziehen sie mit viel Empathie und weniger strengen Regeln. Wichtig sind hierbei Vertrauen und Zusammenarbeit sowie persönliche Freiheiten und Chancengleichheit.

Lakoff geht davon aus, dass die meisten Personen grundsätzlich beide Wertemodelle in unterschiedlichen Lebenssituationen anwenden können. Für Politiker ist es wichtig, potenzielle Wähler dazu zu bringen, speziell im politischen Lebensbereich das für sie vorteilhafte Modell anzuwenden.

Republikanische Erfolge

Nach der Ausführung dieser beiden Modelle zeigt der Autor, wie die Republikaner in den USA seit Jahrzehnten erfolgreich mit ihrem Frame der „strict father families“ kommunizieren. Dabei verwenden sie gezielt Begriffe, die das mentale Modell aktivieren, wiederholen diese unablässig und schaffen so eine Verknüpfung zwischen einer Idee und einem Triggerwort.

Damit besetzen sie Diskussionen mit Begriffen, die jedes Mal ihr mentales Modell in den Zuhörern aktivieren. Selbst wenn ein Demokrat inhaltlich dagegen argumentiert, verwendet er oft die von den Republikanern geframten Begriffe und normalisiert dadurch unbewusst deren Position.

Ein Beispiel ist etwa die Verwendung des Worts „tax relief“ (auf Deutsch „Steuererleichterung“) für Steuerkürzungen. Durch die Verwendung des Wortes „relief“ („Erleichterung“) wird dem Ganzen ein positiver Frame gegeben: Dieses Wording wurde mantraartig kommuniziert, bis auch Demokraten und liberale Medien den Begriff „tax relief“ verwendeten. Dies machte es anschließend viel schwerer dagegen zu argumentieren als etwa gegen alternative Bezeichnungen wie „tax cuts“ („Steuerkürzungen“).

Durch solche konsequenten Framings erzielten die Republikaner teilweise spektakuläre Erfolge selbst mit politischen Themen, die rein inhaltlich oft nicht mehrheitsfähig sind. Der Autor führt noch an und geht sehr ins Detail, wie Framing und politische Kommunikation funktioniert. Gleichzeitig zeigt er auch auf, wie Demokraten seiner Meinung nach reagieren sollten.

Persönlich finde ich, dass man die Erkenntnisse darüber sehr gut nutzen kann: So fällt dann zum Beispiel auf, dass wir auch in Österreich primär das Wort „Klimawandel“ statt Alternativen wie „Klimakrise“ oder zumindest „Klimaerwärmung“ verwenden. Dies reduziert die gefühlte Dringlichkeit und assoziiert es weniger mit negativen Gefühlen. Im Gegensatz dazu wird aber zum Beispiel bei Migration das Wort „Flüchtlingswelle“ statt eines neutraleren Begriffs verwendet.

Empfehlung

„The All New Don’t Think of an Elephant” von George Lakoff ist insgesamt ein sehr empfehlenswertes Buch, da die Erkenntnisse auch in Europa und außerhalb der Politik relevant sind. Besonders relevant ist das Buch für alle, die politisch aktiv sind oder sich für politische Kommunikation interessieren. Lakoff ist zwar überzeugter Demokrat – im Sinne von „Wähler der Demokraten“ – schafft es jedoch, die Kommunikation klar und relativ neutral zu analysieren.